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Ein absurder Wettbewerb auf Kosten der Babys

Ein Vater treibt Unfug mit seinem schlafenden Kind, seinem schlafenden Baby. Damit inspiriert er weitere Väter, ebenfalls albernen Unfug mit deren schlafenden Kindern zu machen. Mit deren schlafenden Babys. Dann veröffentlichen sie online für alle sichtbar unzählige Fotos und die Welt lacht sich schlapp.

Ja, Väter treiben mit Ihren schlafenden Babys alberne Dinge, die sie bei keinem anderen Menschen wagen würden. Egal ob diese schlafen oder nicht. Denn dann gäbe es vermutlich großen Ärger, ganz großen Ärger. Zu Recht.

Babys aber machen keinen Ärger, die lächeln immer zurück. Fast immer. Bei Papa eigentlich immer. Denkt Papa.

Papa 1 nimmt sich also ein paar Süßigkeiten und stapelt diese auf dem schlafenden Kind. Ist doch lustig der Turm. Papa 2 macht es ihm nach. Kann sogar noch mehr auf dem Kind abladen. Papa 2 quietscht vor Freude. Ein lustiges Spiel.

Es ist schon etwas länger her, dass mir eine Aktion im Web in Sachen Kinderfotos so bitter aufgestoßen ist. Und dann kommt bei einem Meinungsaustausch auf Facebook ein Kommentar daher, der es genau dahin treibt, wo es immer landet: Ich nehme das alles zu ernst, bin zu verkrampft.

Keine Kinderfotos im Social Web - Also entspannt Euch mal

Ich halte diese Locker-bleiben-Argumentation für schwach. Im ersten Moment scheint sie plausibel, lebensnah und wie ein geeigneter Kompromiss mitten im Schwarz-Weiß-Denken. Aber beim zweiten Hindenken wird mir dann wieder bewusst, dass es mir mit Keine Kinderfotos im Social Web genau darum geht, eine klare, unverrückbare Grenze aufzuzeigen, indem ich immer wieder kompromisslos darauf hinweise, dass eben auch die Würde von kleinen Kindern unantastbar ist. Unmissverständlich.

Lasst also bitte die Babys in Ruhe. Vor allen Dingen wenn sie schlafen.

Man muss schon ein sehr gelangweilter Mensch mit dem Hirn eines Pandabären sein, wenn man auf die Idee kommt, so entwürdigende Bilder von Kindern online zu stellen und daraus auch noch einen Wettbewerb zu machen.

boredpanda.com

Ein klares Nein! zu: Dads Compete To See Who Can Stack More Cheerios On Their Babies

Brief an Mama

Im Zuge eines Praktikums konnte ich die Schülerin Kristin König für die Idee gewinnen, als Gastbeitrag für diese Website einen Brief zu schreiben. Einen offenen Brief an alle Mama und Papas von kleinen Babys.

Hier ist er.


Liebe Mama,

ich liebe dich über alles und ich weiß auch, dass du mich bestimmt nicht mit Absicht kränken willst, aber naja… Diese Fotos von mir auf Facebook & Co… Ich schäme mich dafür. Jetzt, in der Zeit, in der mich noch alle süß und putzig finden und ich mich noch nicht gegen virtuelle Backenkneifer wehren kann, scheint dies noch alles okay zu sein. Aber überleg doch mal: In 10, ­15 Jahren werden die Bilder immer noch auf den Plattformen herumirren und selbst du hast dann keine Kontrolle mehr darüber diese.

Ich werde dann in der Pubertät sein und alles peinlich finden, was mit meinem vergangenen Ich zu tun hat. Und glaube ja nicht, dass ich dir das dann nicht krumm nehmen werde, denn Oh Ja das werde Ich! Besonders für das eine Bild; nackt in der Badewanne sitzend, Babyspeck gut sichtbar, ein Toupet aus Schaum auf dem Kopf (fast schon Ähnlichkeiten mit Elvis Presley) und das breiteste Gewinnerlächeln, nur leider ohne einen einzigen Zahn. So was möchte doch wirklich niemand gerne von sich veröffentlicht sehen!

Klar weiß ich, dass du mich nicht absichtlich bloß stellst. Du bist blind vor Stolz und merkst dabei nicht, dass du deine Interessen vor die der Meinen stellst. Ich bitte dich deshalb, solange ich nicht selber meinen Senf dazu geben kann, hör auf mit der Zurschaustellungen von mir im Web!

Ich bin doch genau so ein Mensch wie du, zwar noch nicht so weit entwickelt, aber dennoch habe ich ein Recht auf meine Privatsphäre.

Ein kurzer Gedankenexkurs: Stell dir vor, du bist aufgrund deines sehr hohen Alters körperlich und geistig nicht mehr so ganz auf der Höhe und ich kümmere mich tagtäglich um dich und mache, wenn du mal wieder beim Auslöffeln der Suppe geklettert hast, sofort ein Foto und lade es mit einem lustigen Kommentar bei Facebook hoch. Wer macht denn so etwas? Niemand, richtig!

Wahrscheinlich würde es sogar zu einer Meldung des Bildes kommen oder Ähnlichem. Aber ganz sicher werden da keine Kommentare wie „Oh wie süß!“ oder „Guck mal da!“ zu finden sein. Was ja auch total absurd wäre, weil es sich einfach nicht gehört, dass mangelnde Selbstbestimmungsrecht so zur Schau zu stellen. Ich sehe da auf jeden Fall keinen Unterschied zu meiner Situation und ich hoffe, dass Dir das ganze jetzt auch um einiges klarer erscheint.

Ich weiß, du wolltest mich nicht kränken, aber bitte denk in Zukunft zweimal darüber nach bevor du etwas von mir ins Internet stellst.

Ich habe dich lieb

Dein Baby

Zeigt den Kindern die Welt, nicht die Kinder der Welt

[ Überarbeitet / Ursprünglich am 22.06.2012 auf www.last-voice.de erschienen ]

Mein Statement zu den aktuellen Berichten über Kinderfotos im Internet

Ich freue mich total darüber, dass meine Initiative Keine Kinderfotos im Social Web derzeit so viel Aufmerksamkeit bekommt. Auch wenn der Auslöser für das aktuelle Medieninteresse eher ein klassischer ist: Ein kleiner, vermeintlicher Skandal und Scheinwerfer an. So sind wir: Der Mensch lernt durch Fehler und Schmerz.

In einer Schule werden Schüler vom Unterricht ausgeschlossen, weil deren Eltern nicht möchten, dass Bilder ihrer Kinder im Internet veröffentlicht werden.

Meines Erachtens haben die Eltern alles richtig gemacht, die mittlerweile bereuende Schule ist in eine Falle getappt und der Salat war angerichtet. Sofern es aber hilft, für das Thema Kinderfotos im Web zu sensibilisieren, hat es einen Sinn.

Und nun wird meine Initiative und mein Blog plötzlich hier und da genannt …

Das ist klasse und zur Zeit wird ordentlich diskutiert. Die Diskussionen verteilen sich in alle denkbaren Bereiche: Datenkrake-Facebook, Pädophilen-Supermarkt Internet, Bildungsarmut in Deutschland, Fortschrittsverweigerung der Alten, …

Leider passiert das, was im Diskurs über unseren digitalen Wandel so schnell passiert. Leider passiert das, was immer so schnell passiert: Wir suchen die Schuld beim anderen, bei Facebook, den Schulen, den Lehrern, den anderen Eltern, dem Gesetzgeber, dem Geschichtenerzähler, dem Werweißich …

Das System „Welt“ an sich bietet uns eine große Zahl an Möglichkeiten und eine ebenso große Zahl an Fallen, Versuchungen und deren Artverwandten. Und bissen wir nicht ab und zu in den Apfel, würden wir uns im Paradies zu Tode langweilen. Aber die Antwort auf die Frage: „Beißen, oder nicht beißen?“ muss jeder für sich selbst finden.

 

Mir geht es im Kern um Selbstbestimmung und Eigenverantwortung

Ich kenne in der Tat keinen Fall, in dem das Internet, Facebook oder Google jemandem aktiv Schaden angerichtet hat. Das machen eher Unternehmen, wie die Kreditinstitute, die uns gewissenlos und bewusst falsch beraten und unser Geld verzocken, Unternehmen, die Mitarbeiterinnen kündigen, weil diese ein halbes Brötchen mitgehen lassen haben, oder produzierende Betriebe, die Ihre Mitarbeiter unterbezahlt in unerträglichen, zum Teil giftigen Bedingungen halten. Davon findet Ihr einige direkt vor Eurer Tür.

Es ist meines Erachtens eher so, dass individueller Schaden dadurch entsteht, indem das System vom Einzelnen falsch genutzt wird. Hier aus Naivität, da aus mangelnder Erfahrung, hier aus purer Dummheit, da wider besseren Wissens. Das passierte mit Strom, mit Autos, mit Feuer, mit Messern, mit Medikamenten, mit …

Heute passiert das mit dem Internet.

Mit der großen Freiheit Internet rückt in den Mittelpunkt, was uns allen nicht geheuer ist: Eigenverantwortung.

So wie wir das Internet nutzen, so wird es uns dienen oder schaden.

In der Verantwortung, das System Internet, so zu nutzen, dass Freude statt Schaden entsteht, ist der Einzelne, sind wir jeder für sich. Unsere Kinder dahingehend zu befähigen ist eine der heute schwierigsten Aufgaben.

Jetzt werde ich kurz böse, aber am Ende wieder lieb. Versprochen.

Nach dieser kleinen Schleife bemühe ich mich nun zum Kern zu kommen und auch dort mit Euch zu verweilen.

Die Initiative Keine Kinderfotos im Social Web habe ich nicht ins Leben gerufen, weil Fotos von Kindern im Internet von dritten missbraucht werden könnten, sondern weil Eltern, die Kinderfotos ins Web stellen, in meinen Augen meistens selbst die Täter sind, die Ihre Kinder benutzen.

Kein Kind hat irgendetwas davon, wenn dessen Bild im Web veröffentlicht wird. Egal wo. Wem also nutzt es?

Es gibt ohne Zweifel einzelne, echte Ausnahmen, aber ich Rede von

  • Profilbildern im Social Web, wo Junior bei Papa auf dem Arm sitzt
  • Bildern aus dem Alltag, wo die Kleine so niedlich im Auto eingeschlafen ist
  • Babyfotos frisch aus dem Krankenhaus, als Fotobeweis dafür, dass es tatsächlich passiert ist
  • Schnappschüsse vom Unfall mit dem Eis und der lustig verschmierten Schnute
  • Erinnerungsfotos vom Kinobesuch, weil Papa es endlich mal geschafft hat
  • u.v.m.

Es braucht nicht den dritten, um ein Kind zu gebrauchen. Das passiert bereits vorher. Selbst für die, die es auf spektakuläre Nacktbilder von Kindern abgesehen haben, sind o.g. Fotos ohne Wert. Ein Kind muss nicht erst (fast) nackt sein, bevor es benutzt werden kann.

Ein Kind wird bereits benutzt, wenn Mama, Papa oder andere die Interessen des Kindes mit den eigenen Interessen verwechseln.

Das ist mein Punkt.

Dafür sind viele Fotos im Web ein sehr gutes Beispiel.

 

Und kommt mir nicht mit Stolz und Co. Macht Ihr Fotos von Euren Partnern/innen, Geschwistern, Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen/innen, wenn die ein Tor geschossen, ein Lied geträllert, ein Turnier gewonnen haben? Macht Ihr Fotos von Euren Partnern/innen, Geschwistern, Freunden, Nachbarn und Arbeitskollegen/innen wenn diese Geburtstag haben?

Macht Ihr diese Fotos von anderen „Großen“ und stellt die dann ungefragt online?

Nein, denn das gehört sich nicht. Es könnte ja die Privatsphäre des anderen verletzen. Genauso, wie es sich gehört, an die Türen Eurer Kinder zu klopfen, bevor Ihr dort reinstürmt, genauso gehört es sich, Eure Kinder zu fragen, ob Sie im Internet auf die Bühne möchten. Und weil die ganz kleinen nicht antworten werden, lasst es besser sein. Sie könnten es Euch Mamas und Papas später sogar krumm nehmen.

Von der Veröffentlichung von Kinderfotos im Web haben insbesondere die Kinder Null-Komma-Nichts und werden zu verschiedenen Zwecken der großen Erwachsenen gebraucht, benutzt und oft einfach als Objekte verwendet.

Kinder haben vom ersten Tag ihres Lebens ein Recht auf Ihre Privatsphäre und sie sind keine Objekte.

 

Wir sind die Eltern.

Im wesentlichen geht es mir mit Keine Kinderfotos Keine Kinderfotos im Social Web nicht um Fortschrittsverweigerung, schon gar nicht um Facebook-Verdammung, Lehrer- oder Schul-Gemotze oder Eltern-Beschuldigung. Es geht mir nicht darum, Schuldige zu finden und über diese zu urteilen.

Es geht nicht um die Gefahren des Internets, sondern um die Rechte der Kinder. Es geht darum, dass von diesen vielen Kinderfotos im Web insbesondere kein Kind etwas hat und statt dessen nur benutzt wird. Damit sollte Schluss sein.

Mir geht es mit KKFiSW darum, als Vater die Verantwortung zu übernehmen, meine Kinder Medien-kompetent zu erziehen und im Rahmen meiner Möglichkeiten und Erfahrung auf das vorzubereiten, was jetzt erst losgegangen ist.

Und während ich dieser Verantwortung nachzukommen versuche, nutze ich Facebook und mein Blog, andere für die Idee zu gewinnen, dass „WIR DIE ELTERN SIND“ und unsere Kinder Rechte haben. Auch das Recht, von uns zu lernen, wie Freiheit und Sicherheit zwei gerade heute scheinbar konkurrierende Pole sind, die aber beide unverzichtbar sind.

Wenn wir unsere Kinder bemächtigen, mit all dem „Neuen“ achtsam und klug, sensibel und souverän umzugehen, werden die das locker schaukeln. Und sie werden das System dort korrigieren, wo es sein muss.

Zeigt den Kindern die Welt, und nicht die Kinder der Welt.

Keine Kinderfotos im Social Web

[ Überarbeitet / Ursprünglich am 22.08.2011 auf www.last-voice.de erschienen ]

Am 22. August 2011 veröffentlichte der heute.de-Redakteur Alfred Krüger auf heute.de einen Beitrag mit dem Titel Kinderfotos: Kaum geboren, schon online. In Vorbereitung für den Beitrag recherchierte Herr Krüger natürlich im Web und stieß auf unsere Facebook-Seite Keine Kinderfotos im Social Web.

[ Anmerkung: Von Alfred Krüger habe ich nachträglich und dankenswerterweise den Tipp bekommen, dass heute.de den Beitrag nach einem halben Jahr depublizieren muss. Die Gesetzgeber haben einfach einen Knall. Daher habe ich den Beitrag hier auch als immerwährendes PDF konserviert. ]

Alfred Krüger bat mich um ein paar verschriftlichte Gedanken zu meiner Facebook-Seite Initiative und die habe ich gerne formuliert.

Vorab bedanke ich mich aber ganz herzlich bei Herrn Krüger und heute.de für die Aufmerksamkeit, die Keine Kinderfotos im Social Web erhalten hat und für die Erwähnung im o.g. Beitrag auf heute.de.

Warum ‚Keine Kinderfotos im Social Web‘?

1. Wann und warum habe ich die Facebook-Seite ‚Keine Kinderfotos im Social Web‘ gegründet?

Bin ich damit alleine, wenn ich sensibel und empfindlich auf Übergriffe und Übergrifflichkeiten reagiere? Ich bin sofort Agent der Kinder, wenn der Eindruck entsteht, dass Erwachsene resp. Eltern ihre eigenen Interessen über die ihrer Kinder stellen – oder noch schlimmer, diese verwechseln. Das kann leider immer und überall passieren. Es ist eigentlich niemals die Aktion, die das entlarvt, sondern die Motivation. Für die Taufe eines Kindes, die Anschaffung einer Modelleisenbahn, die Anmeldung im Fußballverein, das Stechen von Ohrlöchern und so vieles mehr gibt es sowohl sehr herzliche, Kind-gerechte und liebevolle Motive wie auch egozentrische und ignorante. Will sagen: Viele Eltern können oder wollen nicht prüfen, ob eine Entscheidung oder Handlung auch im ureigenen Interesse des Kindes ist.

Das gilt insb. auch für das Zeigen von Kindern. In echt und auch auf Fotos. Zu viele Eltern schmücken sich mit ihren Kindern und/oder verwechseln dabei das eigene Kind mit dem persönlich inneren Kind. Sie zeigen und sagen: „Ist es nicht hübsch!?“ und meinen: „Bin ich in meinem kindlichen Kern nicht hübsch?!“ oder: „Ist es nicht sportlich!?“ und meinen: „Bin ich in meinem kindlichen Kern nicht sportlich?!“ oder: „Ist es nicht reizend!?“ und meinen: „Bin ich in meinem kindlichen Kern nicht reizend?!“

Das ist in den wenigsten Fällen tatsächlich hinterlistig geschweige denn bewusst. Es basiert in den allermeisten Fällen auf Unachtsamkeit. Das ist zwar in vielen Fällen nicht so schlimm und bleibt ohne schwerwiegende Folgen, aber … es ist in jedem Fall ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Kindes und bleibt nie ohne Folge. Es stört die Kinder. Oft subtil. Oft nachhaltig.

2. In Elternforen wird die Veröffentlichung von Kinderbildern im Netz immer wieder diskutiert. Dabei wird deutlich: Viele Eltern haben keine Bedenken, solche Fotos zu veröffentlichen. Das belegen auch Umfragen. Wo sind Sie die Gefahren, wenn Eltern Bilder ihrer Kinder bedenkenlos ins Netz stellen?

OK. In (1) habe ich beantwortet warum es mich generell stört. Durch das Internet kommt ein weiterer Aspekt hinzu.

Ich bin weitestgehend entspannt, was Datenschutz angeht. Ich sehe das Risiko des Webs ebenso wie dessen Chancen. Wer mitmachen will, sollte auch ein wenig zeigen und verraten. Ich kann nicht auf eine Party gehen, ohne gesehen zu werden. Egal ob ich tanze, trinke, plaudere oder nur zuschaue.

Ich halte es bei dem Tipp:

„Sag‘ nichts im Social Web, das Du nicht auch laut im Bus sagen würdest.“

Geschlossener Raum, aber dennoch öffentlich. Unmittelbare Reaktion erfühlbar, langfristige Folgen nicht ganz einschätzbar. Vertraulichkeit spürbar, totale Loyalität aber keineswegs gegeben.

Wenn wir Großen schon nicht sicher sind, was wir über uns selbst veröffentlichen sollen, dann sollten wir gerade mit Infos über unsere Kinder doppel-vorsichtig sein. Ich habe gestern zum Beispiel einen Post auf Facebook veröffentlicht, weil meine Tochter (bald 3 Jahre alt) einen Megaklopper rausgehauen hat. Dass ich das überhaupt veröffentliche, ist eher eine Ausnahme, aber auf eines achte ich immer: Keine Namen.

Namen veröffentliche ich übrigens auch von erwachsenen Freunden nur mit deren Einverständnis.

Vermutlich herrscht Konsenz, dass es sich nicht gehört, über ‚andere‚ im Web zu plaudern. Das gehört sich ja auch ‚so‚ nicht. Warum sollte das also bei (meinen) Kindern anders sein? Weil die mir gehören? Blödsinn! Weil die das selber lustig finden? Blödsinn! Weil die sich nicht wehren und beschweren können? Vermutlich ist da die Lücke.

Stell Dir vor, Deine Eltern hätten in den vergangenen 20, 30, 40, 50 Jahren immer wieder Bilder von Dir online gestellt. Babybilder, Lauflernbilder, Vollschmierbilder, Modevonfrüherbilder, Urlaubsbilder, Tanteküssbilder, Ersteliebebilder, Pubertätsbilder, Tanzkursbilder, …

„Stell Dir Tanzkursbilder von Dir im Web vor!“

Im Ernst: Da sind doch so viele Bilder zwischen, die wir selbst von uns kaum noch sehen wollen. Und dann sollen die der Onlinewelt zur Verfügung stehen?

Nein. Das ist nicht richtig. Das ist nicht gut.

3. Warum veröffentlichen Eltern solche Bilder im Netz?

Weil sie es nicht besser wissen.

Auch wenn viele Eltern im Social Web zu denen gehören, die ihre Kinder weitestgehend engagiert, aufgeklärt, achtsam und zeitgemäß erziehen: Was Kinderfotos im Web angeht, wissen sie es nicht besser. Und die Verlockung ist groß. Der Spaßfaktor ist ohne Zweifel sehr hoch. Kinder sind einfach unglaublich reizend und immer wieder großer Grund zur Freude.

Im Spielparadies Internet begegnen wir infantiler Freude, sind oft wohlgesonnenen und unser Herz geht auf. Das was sich da regt, ist das innere Kind und das hat plötzlich, nach Jahrzehnten des Erwachsen-werdens und der Vernunft wieder einen Spielplatz.

Das finde ich saugut.

Aber dann passiert die oben bereits erwähnte Verwechselung des faktischen, biologischen Kindes mit diesem persönlichen, inneren Kind.

Und auch das wiederhole ich: Die Eltern wissen das nicht besser. Woher auch. Wir sind die erste Generation, die Medien-kompetent erziehen muss. Das haben wir nicht gelernt – nicht gezeigt bekommen.

„Ich bin als Kind auf der Hutablage des Renault R4 meiner Eltern bis nach Nord-England mitgefahren. Unter meiner kuscheligen Bettdecke. Auf der Rückbank war kein Platz, denn dort schlief mein kleiner Bruder. Gurte gab es sowieso nicht Meine Eltern vorne im Auto konnten wir nicht sehen, weil das Nikotin alles vernebelte. Meine Eltern haben wohl nichts falsch gemacht. Sie wussten es nicht besser.“

4. Kinderbilder über Facebook und Co. mit Freunden und Verwandten zu teilen, ist bequem. Welche Alternativen gibt es?

Das ist einfach.

Quasi geschützte Bereiche auf Facebook sind zum Beispiel ein plausibles Argument gegen kritische Stimmen wie meine. Aber in der Praxis stellt sich doch heraus, dass die Fotos viel zu viele Zuschauer haben.

Wenn Fotos von Kindern veröffentlich werden sollen, dann bitte ohne erkennbares Gesicht, ohne Namen und auch ohne konkrete Hinweise auf den Ort.

Oder: Hin und wieder eine E-Mail tut’s doch. Die meisten Kinderfotos werden sowieso gezeigt, weil jemand zeigen will – aber nicht, weil jemand kucken will.

Ich bin echt genau nicht altmodisch, aber die paar Kinderfotos früher waren mehr als genug.

Ich bin außerdem auch echt interessiert am Leben meiner Freunde und Bekannten, aber ich muss echt nicht andauernd deren Kinder im Web sehen.

5. Veröffentliche ich Bilder meiner eigenen Kinder im Netz?

Nein. Früher vielleicht ein paar. Ganz wenige.

Selbst bei dem o.g. Post über meine Tochter fühle ich mich schon wie ein kleiner Verräter.

In bisher dazu geführten Gesprächen und Diskussionen mit Freunden stellt sich immer mal wieder heraus, dass ich hier Hardliner bin. Aber radikal bin ich nicht. Vielleicht lockere ich mich sogar mit der Zeit etwas, und hier und da kommt dann doch mal ein Bild ins Web. Im Moment möchte ich aber Hardliner bleiben und an denen ruckeln, die eher blind und achtlos agieren.

„Aber: Das Leben ist bunt, mit Kindern noch viel, viel bunter.“

Kinder sollten weder versteckt noch überbehütet noch eingeschweißt aufwachsen, sondern am bunten Leben im Medienzeitalter teilhaben. Bevor die Dosis der Verträglichkeit jedoch im breiten Konsens bestimmt wurde, bleibe ich dabei. ‚Keine Kinderfotos im Social Web‚ ist immer noch das beste.

Das war es.

Nochmal vielen Dank an Alfred Krüger von heute.de für den Anstoß, diese Gedanken noch mal ausführlich in Worte zu fassen.

Und natürlich freue ich mich über jeden Unterstützer und jede Stimme auf Facebook.